Yoga für Reiter
Veröffentlicht von Dani Degenhardt | 16. Juli 2020
Pferde und Reitsport begleiten mich schon mein ganzes Leben. Zwischendurch habe ich diesen wundervollen Tieren und dem Sport zwar für einige Jahre den Rücken zugewandt und mich mit Anderem beschäftigt, aber nun bin ich umso glücklicher meine Leidenschaft für den Reitsport und Yoga zu verbinden. Denn Yoga ist eine wundervolle Körper- und Geistespraxis gerade für Reiter. Yoga für Reiter schenkt Dir Balance, Kraft, Flexibilität und Koordination und das übertragt sich auf Dein Pferd.
Meine Yogapraxis macht mir immer wieder deutlich klar, welche Auswirkungen einseitige Bewegungen auf unseren Körper haben. Jahrelanges tägliches Reiten hat meine Muskulatur in Beinen und Armen verkürzt, sowie die Mobilität und Flexibilität der Schultern und Hüften beeinflusst. Durch regelmäßiges Praktizieren von Yoga erlebe ich deutliche positive Veränderung auf körperlicher und mentaler Ebene. Seit einigen Monaten gebe ich diese Erfahrungen in Yoga Workshops und in Personal Trainings für Reiter weiter.
In diesem Beitrag erkläre ich zunächst, welche Vorteile wir aus der Yogapraxis für das Reiten ziehen können. Wenn Du darüber schon Bescheid weißt, oder direkt zu den Yoga Übungen kommen möchtest, solltest Du Dich dem abschließenden Teil dieses Artikels widmen.
Reiten und Yoga schaffen eine perfekte Synergie
Reiten und Yoga passen für mich so gut zusammen, da wir unseren Körper und unsere Energie nutzen, um ein Pferd zu führen. Sind wir uns unseres Körpers und unserer Energie bewusst, können wir dies auf unser Pferd übertragen. Wir werden zu einer Einheit! Wir empfinden mehr Freunde und feiern Erfolge in diesem wundervollen und zeitintensiven Sport.
Wie Yoga unser Reiten auf körperlicher Ebene verbessert
Wir profitieren beim Reiten von einer verbesserten Beweglichkeit, Flexibilität und Mobilität durch den Besuch von Yogaklassen. Ganz allgemein schult Yoga unsere Körperwahrnehmung, lässt uns Asymmetrien erkennen und verhilft uns zu mehr Körperspannung. Unbewusste Angewohnheiten (zum Beispiel verspannte Schultern, seltsam angewinkelte Beine) bemerken wir durch diese verbesserte Körperwahrnehmung. Das ermöglicht uns diese Angewohnheiten abzustellen, wenn sie unserem Pferd ungewollte Signale senden.
Auch der Gleichgewichtssinn wird in vielen Balancehaltungen im Yoga gestärkt. Die Yoga Asana Praxis lehrt uns ein Bewusstsein für Ungleichgewichte zu entwickeln und macht uns zum stillen Beobachter unserer selbst. Auf dem Pferd merken wir das umgehend und können Erlerntes bewusst, sowie unbewusst umsetzten und für unser Reiten nutzen.
Ein weiterer Pluspunkt des Yoga ist, dass es unseren Atem schult. Über den Atem können wir unser Nervensystem regulieren und uns entspannen. Wenn wir beim Reiten in schwierige Situationen geraten, können wir diese Fähigkeiten nutzen, um uns selbst und unser Pferd zu beruhigen.
Schließlich profitieren wir beim Reiten auch von der gesteigerten Kraft, Ausdauer und Reaktionsfähigkeit, die wir in unserer Yogapraxis aufbauen. Und ganz praktisch können wir abwechslungsreiche Yogaübungen zum Aufwärmen vor dem Reiten nutzen.
Auch auf mentaler Ebene hilft uns Yoga beim Reiten
Durch die Beschäftigung mit uns selbst, fördert Yoga unsere mentaler Stärke. Erneut sind es die diversen Atemtechniken des Yoga sowie das Arbeiten mit Fokuspunkten (Drishtis), die uns zu mehr Konzentrationsfähigkeit verhelfen. So fällt es uns leichter uns zu fokussieren.
Yoga lehrt uns außerdem einen gesunden Umgang mit Stress, Nervosität und Ungeduld. In der Arbeit mit unserem Pferd profitieren wir und das Tier von mehr Geduld ungemein. Zudem macht es sich positiv bemerkbar, wenn Du weniger gestresst und nervös bist und diese Emotionen nicht so sehr auf Dein Pferd überträgst.
Generell habe ich in allen Lebenslagen – und somit auch beim Reiten – festgestellt, dass Yoga mein Einfühlungsvermögen und Mitgefühl fördert. Diese Eigenschaften danken uns sowohl unsere Mitmenschen, als auch unser Pferd.
Yoga Übungen für Reiter
Für Reiter sind eigentlich alle Inhalte einer klassischen Yogastunde wohltuend. Es lohnt sich also in jedem Fall offene Kurse in einem lokalen Yogastudio zu besuchen, oder mit hochwertigen Yoga Videos zum Beispiel von uns zu üben.
zu den on-demand YogavideosDu erzielst aber auch schon positive Effekte, wenn Du einfach ein paar Asanas (Yoga Haltungen) in Dein Workout zu Hause integrierst. Dafür stelle ich Dir hier einige wunderbare Yoga Haltungen für den Reitsport vor.
Paschimottanasana – die sitzende Vorbeuge
Wir wollen mit dieser Yogaposition vor allem die Oberschenkelrückseiten (Hamstrings) und den Rücken dehnen. Dafür ist es nicht nötig die Füße zu berühren! Deine Hände landen da, wo sie landen. Versuche aber Rücken und Halswirbelsäule lang zu halten. Sollte diese Position für Dich sehr intensiv sein, kannst Du Dich leicht erhöht auf ein Kissen oder einen Block setzen.
Paschimottanasana ist eine wundervolle Asana für Reiter mit häufig sehr kräftiger, jedoch verkürzter Oberschenkelmuskulatur.
Uttanasana – die stehende Vorbeuge
In Uttanasana dehnen wir die Oberschenkelmuskulatur sowie die Rücken- und Gesäßmuskeln. Beuge Deine Knie ein klein wenig und lasse dann die Schwerkraft die Arbeit für Dich erledigen. So hälst Du mehr Länge im unteren Rücken. Die Ausatmung hilft Dir loszulassen und eventuell tiefer in die Dehnung zu sinken.
Baddha Konasana – der Schmetterling
Der Schmetterling dehnt Oberschenkel, Hüftmuskeln und unsere Gesäßmuskulatur. Diese Asana trägt dazu bei die Wirbelsäule aufzurichten. Nach dem Schmetterling fühlen wir uns oft leichter und offener. Als Reiter hilft diese Yogahaltung uns Spannungen in den Hüften und Innenseiten der Oberschenkel zu lösen.
Setze Dich für den Schmetterling gerne leicht erhöht. Lasse dann die Knie voneinander weg nach außen sinken und lege die Fußsohlen aneinander. Je näher die Füße am Becken stehen, desto intensiver ist die Dehnung. Wenn Du magst, kannst Du den Oberkörper nach vorne sinken lassen.
Malasana – die tiefe Hocke
Für mich ist Malasana eine unserer wichtigsten Yoga Asanas, die Deine Hüften mobilisiert und Deine Oberschenkel kräftigt. Praktiziere diese Übung gerne mit einer leichten Erhöhung für Deine Fersen. Ich nutze hierfür meine Yogamatte. Der untere Rücken wird gedehnt, gekräftigt und entspannt sich. Außerdem trägt die Haltung zur Stärkung der Bauchmuskeln bei und Öffnung sowie Beweglichkeit der Hüften und Leisten werden verbessert.
Wenn Du in die tiefe Hocke gehst, kommt Dein Stoffwechsel in Schwung. Du fühlst Dich gestärkt und geerdet, das Gleichgewicht wird sowohl körperlich als auch emotional unterstützt. Achte darauf, dass Knie und Füße in die selbe Richtung zeigen.
Bhujangasana – die Kobra
Die Kobra streckt unsere Vorderseite und aktiviert unsere Rückenmuskulatur. Brust und Bauchmuskaltur werden gedehnt und die Mobilität unserer Wirbelsäule wird geschult. Die Kobra wirkt auf unseren Körper energetisierend und ist für mich gerade am Morgen eine wirklich tolle und spannende Übung.
In Bauchlage bringst Du die Hände neben Deine Brust. Atme für die Kobra ein und hebe den oberen Rücken von der Matte weg. Ziehe dabei auch die Schultern etwas nach hinten. Der Blick geht zur Nasenspitze.
Shalabhasana – die Heuschrecke
Diese Übung kräftigt die Rückenbeuger, die Rückenstrecker, die quadratischen Lendenmuskeln, den unteren Teil der Trapezmuskeln, die großen Gesäßmuskeln und die Muskeln der Oberschenkelrückseite. Für viele ist dies eine sehr herausfordernde Asana. Vor allem Reiter mit einer häufig verkürzten Körpervorderseite hilft diese Yogahaltung aber mehr Gleichgewicht im Sattel zu finden.
Für die Heuschrecke ziehst Du die Schultern auf dem Rücken zusammen und hebst einatmend den Oberkörper und wenn Du magst auch die Beine an. Dein Nacken ist in Verlängerung der Wirbelsäule, Deine Arme zeigen nach hinten und Deine Handflächen nach oben.
Ardha Hanumanasana – der halbe Spagat
Der halbe Spagat ist eine wundervolle Übung zur Dehnung der Oberschenkelrückseite und für mehr Raum im unteren Rücken. Emotional bauen wir in dieser Yoga Asana eine Brücke zu dem was unerreichbar schien.
Dein vorderes Bein muss im halben Spagat nicht gestreckt sein. Wichtiger ist ein gerader Rücken und eine gleichmäßige Atmung.
Ananda Balasana – das glückliche Kind
Schaue, dass Dein Rücken in diesem Hüftöffner lang am Boden aufliegt und Deine Schultern Bodenkontakt halten. Greife Dir gerne Deine Oberschenkel oder Waden, solltest Du die Füße noch nicht erreichen können. Das glückliche Kind schenkt Dir ein erdendes Gefühl. Diese Asana ist optimal für Dich, wenn Du Ruhe brauchst und wieder zu Dir kommen möchtest. Zudem gibt Dir diese Yogahaltung positive Energie.
Kapotasana – die halbe Taube
Die Emotionen Liebe und Hass verbinde ich beide mit diesem Hüftöffner. Denn hier werden der Psoas, unser „Seelenmuskel„, und die Oberschenkelmuskulatur gedehnt und es entsteht Raum im unteren Rücken. Nimm Dir gerne ein Bolster oder einen Block zu Hilfe, um diese Asana voll genießen zu können.
Lege Deinen linken Oberschenkel diagonal vor Dir ab, sodass der linke Fuß auf der rechten Mattenseite liegt. Wandere das rechte Bein nach hinten und senke das Becken. Die Dehnung sollte im Hüftbereich und keinesfalls im Knie spürbar sein. Verlagere Dein Gewicht so, dass dies der Fall ist. Solltest Du Schmerzen im Knie spüren, praktiziere stattdessen lieber das Nadelöhr in Rückenlage. Vergiss die zweite Seite nicht und übe ausgeglichen.
Garudasana – der Adler
Diese Asana schult unser Gleichgewicht. Wir entwickeln Flexibilität in Hüftgelenken und Beinen und dehnen und entspannen gleichzeitig den unteren Rücken. Der Adler verbessert zudem die Flexibilität im Schulterbereich. So wirkt Garudasana harmonisierend und stabilisierend. Diese Leichtigkeit können wir mit in den Sattel nehmen.
Verlagere für den Adler das Gewicht auf einen Fuß, beuge Dein Standbein und schlinge den anderen Fuß hinter den Unterschenkel des Standbeins. Lege dann den Arm auf der Seite Deines Standbeins über den anderen Arm, sodass sich Deine Ellenbogen kreuzen. Führe die Handinnenflächen zueinander, hebe die Oberarme soweit an, dass sie parallel zum Boden sind und halte Deine Balance, indem Du Dir einen Fokuspunkt suchst.
Nadi Shodhana Pranayama – die Wechselatmung
Die Wechselatmung ist eine meiner liebsten Atemübungen, die den Geist dabei unterstützt, friedvoll, glücklich und ruhig zu sein. Harmonie kann entstehen, wenn Stress, Nervosität und Müdigkeit von uns abfallen und Klarheit an Raum gewinnt.
Die Technik nennt sich Nadi Shodhana. Sie hilft dabei Energiekanäle (unsere Nadis) im Körper von Blockaden zu befreien. Shodhana bedeutet „Reinigung“, also die Reinigung der Energiekanäle.
Ausgeführt wird die Wechselatmung, indem man abwechselnd ein Nasenloch zuhält und durch das andere jeweils ein- bzw. ausatmet.
Wir wünschen Dir weiterhin viel Spaß beim Reiten und hoffen, die Umsetzung dieser Yogaübungen machen Dich und Dein Pferd zu einem noch besseren Team. Wir freuen uns, wenn Du zur Yogapraxis unsere Kurse besuchst, oder wenn Du online mit uns übst.
Gerne beantworten wir weitere Fragen zum Thema, wenn Du uns einen Kommentar da lässt, oder uns eine Mail schreibst.
Dani Degenhardt ist passionierte Pferdesportlerin und Yogalehrerin (RYT-500).