Hannah Meyer

Tagebuch aus der Yoga Individual Yogalehrer*innen Ausbildung

Veröffentlicht von Hannah Meyer | 16. Dezember 2022

Yogalehrer*innen Ausbildung Tagebuch

Teil 1: Eine Erlaubnis ohne Sicherheit

Ich muss euch ein Geständnis machen: Ich betrachte mich nicht als erfahrene Yogini. Yoga begleitet mich zwar seit meinem 18. Lebensjahr, aber immer episodisch und mit unterschiedlicher Intensität. Mal habe ich täglich praktiziert, ernsthaft um Routine und Fortschritt bemüht, mal schlich sich eine monatelange Pause in meine Praxis. Erst seit August besuche ich regelmäßig das Yoga Individual Studio, praktiziere mit anderen Schüler*innen und analog anwesender Lehrerin. Seitdem bin ich im Austausch mit meinen Lehrerinnen und Mitpraktizierenden und nicht nur allein auf meiner Matte mit Video oder gelernter Routine. Erst seit August ist aus meiner Zuneigung und episodischer Verliebtheit eine ernstzunehmende Liebe geworden.

Über mich

Ich bin Hannah. Ich bin Studentin und lebe in Köln. Aber die nächsten sechs Monate werde ich regelmäßig meine Heimatstadt besuchen. Die nächsten sechs Monate mache ich eine Yogalehrer*innen Ausbildung im Yoga Individual Studio in Aachen. Das erste Ausbildungswochenende liegt bereits hinter mir, das zweite steht vor der Tür. Ich habe die Aufgabe und Ehre diese Ausbildung dokumentarisch zu begleiten, besser gesagt meine persönliche Reise mit euch zu teilen. Über diesen Blog, Instagram und Youtube halte ich euch auf dem Laufenden, was mir während der Ausbildung passieren, welche Erfahrungen ich machen und zu welchen Gedanken sie mich anstoßen wird. Was heißt es im Yoga Individual Studio ausgebildet zu werden? Was heißt es für mich?

Warum jetzt?

„Klingt spannend“, werden manche von euch vielleicht denken. „Aber…warum machst du denn jetzt schon eine Ausbildung? Warum hast du es so eilig?“ Das ist eine berechtigte Frage, eine, die ich mir auch immer wieder stelle. Als ich das erste Mal mit Tina über die Ausbildung sprach, dachte ich auch an ein „irgendwann mal“, an ein „später dann“. Ich wollte ein Jahr Praxis verstreichen lassen, bevor ich der Idee erlauben würde zu einem festen Vorsatz heranzuwachsen. Es erschien mir vernünftig und sicher.

Aber wie der Zufall es wollte, wird die 200h-Ausbildung nächstes Jahr nicht im Studio angeboten. Und mit zunehmenden Gesprächen wurde der Gedanke realer und greifbarer. Ein Impuls in mir sagte, dass die Zeit nicht in zwei Jahren sein würde. Sie war jetzt. Jetzt verspürte ich immer deutlicher eine Dringlichkeit. Eine wachsende Liebe und eine Neugier zu meiner Yogapraxis drängten mich, wünschten sich immer energischer mehr Tiefe und mehr Erfahrungen. Ich träumte von mir auf der Matte ganz vorne im Raum. Ich träumte, wie ich Yoga anleitete, wie ich etwas unterrichten konnte, das mir gerade so guttat. Meine Intuition sagte mir, dass diese Idee jetzt zu verfolgen war, jetzt, in ihrer gegenwärtigen Dynamik und Wichtigkeit. Und so parkte ich die Yoga Ausbildung nicht zwei Jahre auf die Wartebank, wie meine Vernunft es mir riet. Aus der Möglichkeit wurde ein Plan und aus dem Plan ein unterschriebener Ausbildungsvertrag.

Machen, was ich machen möchte

So weit so gut. Aber ein bisschen was ging verloren, als ich mich intuitiv für meinen Traum entschied, und meine Vernunft nicht das letzte Wort bekam. Ich musste meine Sicherheit, auch Komfortzone genannt, verlassen. In der Schule bin ich eine Einser-Schülerin gewesen. Ich war zwar sorgsam darauf bedacht, dass diese Tatsache nicht zu offensichtlich wurde, aber trotzdem habe ich mich auf sie gestützt. Ich habe einen Großteil meines Erwachsenwerdens damit verbracht, Dinge zu tun und zu lernen, in denen ich sowieso schon ziemlich sicher war. Die Dinge, die mir leichtfielen, und in deren vergleichenden Kontexten ich meistens besser war als der Durchschnitt. Früher hätte ich das nie zugegeben, aber mittlerweile ist mir klar, dass das nicht unbedingt ein Segen war. Ich habe mich viel zu selten gefragt, was ich eigentlich machen möchte. Wofür ich brenne und wovon ich träume. Ich bin viel zu oft an meiner Leistung orientiert gewesen, habe viel zu oft das gemacht, was mir ohnehin leichtfiel.

Das erste Wochenende der Yogalehrer*innen Ausbildung

In dem ersten Ausbildungswochenende begrüßte uns Tina mit einer kleinen Rede für die Authentizität und die freie Erfahrung. „Lasst euren Perfektionismus vor dem Studio“, sagte sie und ich fühlte mich auf erleichterte Art und Weise ertappt.

Mein Perfektionismus klebt an mir wie Sekundenkleber. Kein Wunder, wir leben in einer Welt, in der Erfolg und Leistung als uneingeschränkte Erlaubnis gelten. Viel zu selten machen wir etwas, was wir einfach tun möchten. Weil… na ja, weil es uns Spaß und Freude macht. Ich habe viel zu wenig Übung darin, die Erlaubnis etwas zu tun, etwas zu lernen oder etwas zu lieben von meiner Leistung zu entkoppeln. Aber in der Yoga Ausbildung bin ich gezwungen. Ich kann nicht anders, als auf der Matte auch meiner Unsicherheit zu begegnen. Denn neben all der Wunderbarkeit und dem fließenden Atem zeigt mir meine Praxis auch immer wieder, was ich noch nicht kann. Was mir schwer fällt, wo noch Muskelkraft oder Beweglichkeit fehlt. All das bemerkte ich und bin beinah froh darüber.

Ja, ich bin unsicher, manchmal sogar erschreckend unsicher. Aber nichts erscheint mir geeigneter nach diesem Erlauben zu suchen als eine Yoga Ausbildung. Vielleicht dauert diese Suche die ganzen sechs Monate, und auch das wäre okay. Aber schon jetzt nach dem ersten Wochenende bin seltsam stolz auf mich, dass ich mir etwas erlaubt haben, dass mir einfach Spaß und Freude macht. Einfach nur, weil ich es machen will.

Yogalehrer Ausbildung Frühstück
Gemeinsames Frühstück am 1. Wochenende der Yogalehrer*innen Ausbildung