Yogalehrerhonorar: Über Geld spricht man nicht
Veröffentlicht von Nick Runia | 14. November 2019
Wenn Du eine Yogalehrerausbildung abgeschlossen hast, kennst Du es vielleicht: Du hast gerade so viel Neues gelernt, die Arbeit mit Menschen und Körpern macht Dir sehr viel Spaß und nun bietet Dir direkt ein Studio an, eine feste Klasse zu unterrichten! Die Chance musst Du einfach wahrnehmen. Über die Bezahlung, das Yogalehrerhonorar, habt Ihr erstmal nicht gesprochen. Aber das ist ja im Prinzip total egal – Du bekommst eine tolle Möglichkeit und als Yogalehrer dient man schließlich ohnehin der Gemeinschaft. Du hast ja auch einen Vollzeitjob und Yoga ist zunächst einmal Dein Hobby.
Was aus persönlicher Sicht durchaus nachvollziehbar ist, ist Teil eines strukturellen Problems in der Yogabranche: Yogalehrer werden schlecht bezahlt.
Na klar, nicht alle Yogalehrer werden in jeder Stadt und in jedem Studio schlecht bezahlt und ich möchte auch keine bestimmte, individuelle Vereinbarung kritisieren. Ich denke aber, dass eine Vielzahl an Lehrern unter niedrigen Honoraren leidet. Und das wirkt sich wiederum negativ auf Yogastudios und Yogaschüler aus. Um aus dieser Abwärtsspirale auszubrechen, braucht es ein kollektives Umdenken. Mein Wunsch ist es, mit diesem Artikel dazu beizutragen. Dazu beschreibe ich zunächst, wie sich das Yogalehrerhonorar üblicherweise zusammensetzt, bevor wir auf die Auswirkungen eines niedrigen Honorars auf Lehrer und abschließend auf Studios und Schüler blicken.
Das Yogalehrerhonorar
Wenn Du selbst nicht Yogalehrer bist, ist es an der Zeit ein paar Worte zum Yogalehrergehalt zu verlieren.
In der Regel sind Yogalehrer freiberuflich tätig. Sie bekommen also kein festes Gehalt, sondern werden pro Kurs bezahlt. Ausschlaggebend ist dabei meist nur die Kurslänge. Die individuelle Vorbereitungszeit für einen Kurs wird so gut wie nie in Betracht gezogen, sondern pauschal über das Yogalehrerhonorar für die Klasse bezahlt. Check-In und -Out Zeiten vor und nach den Klassen werden mal berücksichtigt, mal nicht. Einige Studios zahlen einen Bonus für besonders gut gebuchte Kurse. Das kann ein guter Ansatz sein, übersieht aber meist die unterschiedliche Attraktivität der Kurszeiten. Fast überall ist unter der Woche um 18 Uhr mehr los, als um 16 Uhr.
Yogalehrerhonorare sind sehr unterschiedlich. Sie variieren von Stadt zu Stadt und sind vielfach von der Erfahrung und der Ausbildung des Lehrers abhängig. Gerade nahezu lächerliche Einstiegsgehälter gibt es immer wieder. Da beginnt ein frisch aus der Ausbildung kommender Lehrer mit einem Euro für die erste Klasse, macht mit zwei Euro für den zweiten Kurs weiter und landet irgendwann vielleicht bei 30 Euro für einen 90-minütigen Kurs. Mit einer gewissen Erfahrung ist später auch mehr drin, aber das Anfangsniveau, auf dem alle weiteren Gespräche über das Honorar aufbauen, ist damit gesetzt.
Natürlich gibt es auch Studios, die (deutlich) besser bezahlen. Es sind aber noch zu wenige.
Was passiert, wenn ein Yogalehrer wenig verdient
Der oben beschriebene frisch ausgebildete Yogalehrer mit festem Job misst dem Yogalehrerhonorar zunächst keinen großen Stellenwert zu. Nach einiger Zeit ist aber auch für ihn nicht mehr alles neu und aufregend. Nach einem achtstündigen Arbeitstag noch zu unterrichten ist anstrengend. Um ein solches Pensum langfristig aufrecht zu erhalten, ist Anerkennung äußerst wichtig. Diese kann natürlich auch über positives Feedback und einen tollen Arbeitsplatz gezeigt werden, die Höhe des Honorars ist in unserer westeuropäischen Lebenswirklichkeit aber eben auch eine Form der Wertschätzung. Wenn Anerkennung und Wertschätzung nicht ausreichend gegeben sind, werden viele nebenberufliche Lehrer irgendwann aufhören zu unterrichten.
Unterrichten sie dennoch langfristig für ein geringes Gehalt, schaden sie den hauptberuflichen Yogalehrern. Wenn viele Lehrer für wenig Geld unterrichten, leidet das Preisniveau als Ganzes. Für die hauptberuflichen Lehrer spiegelt das Yogalehrerhonorar nicht nur Wertschätzung wider, sondern sie bestreiten davon ihren Lebensunterhalt. Wenn sie pro Klasse recht wenig verdienen, nehmen sie in der Regel mehr Kurse an. Das Stresslevel steigt durch die höhere Belastung. Oftmals nehmen sich Lehrer, die zu viel unterrichten, weniger Zeit für ihre Eigenpraxis. Das wirkt sich wiederum auf die Kreativität und die Qualität der Stunden aus, die sie unterrichten. Aus dem Traumberuf Yogalehrer kann so im schlimmsten Fall eine unbewusste Tätigkeit werden, die am eigenen Körper und an der Lebensqualität zehrt.
Die Sicht der Yogastudios
Als Studiobesitzer weiß ich, dass viele Studios den Eindruck haben keine höheren Honorare zahlen zu können. Vielleicht freuen sich einige sogar, dass sie sich an den niedrigen Marktpreisen orientieren können. Ihre Gewinne sind – wenn vorhanden – oft klein und das Arbeitsaufkommen ist für viele Inhaber hoch.
Aber auch schlecht zahlende Yogastudios sollten Interesse an einer Anhebung der Honorare ihrer Lehrer haben. Besonders Yogalehrer, die aufgund finanzieller Engpässe viele Stunden in vielen Studios annehmen, können nicht im Sinne der Inhaber sein. Die Austauschbarkeit jedes einzelnen Yogastudios nimmt dadurch zu. Nimmt dann, wie oben beschrieben, auch noch die Qualität der Klassen ab, kommt ein weiteres Problem hinzu.
In Bezug auf die Yogalehrer im Nebenberuf gibt es sicherlich einige, die auch bei einem niedrigen Gehalt lange Jahre den Spaß am Unterrichten behalten. Es gibt aber auch diejenigen, die sich diesen Luxus nicht ewig erlauben können. Wenn aufgrund des Gehalts talentierte Yogalehrer nicht weiter unterrichten, ist das ein Verlust für Studio und Schüler. Andere gute Lehrer würden womöglich ihren Hauptjob reduzieren und gerne mehr unterrichten. Werden sie durch geringe Verdienstmöglichkeiten davon abgehalten, kann auch das nicht im Sinne der Studios sein.
Beständigkeit im Lehrerteam ist für den Erfolg eines Yogastudios unerlässlich. Das Profil eines Studios wird so geschärft und es entstehen langfristige Bindungen zwischen Schülern, Studio und Lehrer. Manch ein Lehrer wird das Studio bei zu geringer Bezahlung schnell wieder verlassen, manch einer wird bleiben. Die Stimmung im Team wird durch ein niedriges Yogalehrergehalt sicher nicht verbessert – und auch schlechte Stimmung führt zu erhöhter Fluktuation.
Über Geld reden lohnt sich
Es lohnt sich also für Lehrer und Studios gleichermaßen offen über das Yogalehrerhonorar zu sprechen und ein vernünftiges Niveau anzustreben. Auch Schüler sollten ein Interesse an der fairen Bezahlung ihres Lehrers haben. Wenn eine Preiserhöhung für die Schüler entsprechend kommuniziert wird, sind mehr Schüler als man gemeinhin denkt, bereit ein wenig mehr zu bezahlen.
Einstiegsgehälter von einstelligen Euro-Beträgen und Yogalehrerhonorare, die sich unter Einberechnung der Vorbereitungszeit auf Mindestlohnniveau bewegen, gehören hoffentlich bald der Vergangenheit an. Wir sollten alle etwas dafür tun und wir werden dafür alle mit noch besseren und inspirierenderen Kursen belohnt werden.
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