Daniela Beran

Yogalehrerin und Ernährungswissenschaftlerin

Die 9 Hindernisse auf dem Yogaweg

Veröffentlicht von Daniela Beran | 21. Oktober 2020

9 Hindernisse auf dem Yogaweg

Man kann versuchen das Leben zu planen und dabei jede Eventualität zu beachten. Dennoch werden sich Dinge anders entwickeln und man trifft auf unerwartete Herausforderungen. Manche Herausforderungen können auch echte Hindernisse werden, die uns zurückhalten etwas zu tun. Daher ist es eine schöne Überlegung, dass jedes Hindernis auch die Möglichkeit bietet inne zu halten und sich seines Weges bewusst zu werden. Immer wieder gibt es Stolpersteine, die uns aufblicken lassen und uns auffordern, diese als solche anzunehmen und zu überwinden. Wie im Alltag, so trifft man auch auf der Yogamatte auf Hindernisse (Sanskrit: antarayah). Diese können sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger oder emotionaler Ebene auftreten. Patanjali benennt in Kapitel 1 Vers 30 des Yoga Sutra die 9 Hindernisse auf dem Yogaweg:

Krankheit, Trägheit, Unentschiedenheit, Hast, Faulheit, Abgelenktheit, Fehleinschätzung, fehlende Zielstrebigkeit, Unbeständigkeit. Diese Hindernisse führen zur Zerstreuung des Citta [des meinenden Selbst].“

Jedes Hindernis trägt eine Folge mit sich, wenn es nicht überwunden wird und zerstreut das Citta. Was es bedeutet, wenn das Citta zerstreut ist, wird in Vers 1.31 beschrieben:

Ist das Citta zerstreut, so entsteht leidvolle Enge, eine pessimistische Ausrichtung des Geistes, körperliche Unkontrolliertheit und der Verlust der Kontrolle über den Atem (und damit über die Psyche).“

Somit ist es also die Aufgabe eines jeden Yogi sich immer wieder seiner eigenen Hindernisse bewusst zu werden und diese zu bewältigen.

Die 9 Hindernisse auf dem Yogaweg im Einzelnen

Bei der Frage, wie wir die oben beschriebenen neun Hindernisse auf dem Yogaweg bewältigen können, ist das Werk „YOGA Tradition und Erfahrung“ eine gute Hilfe. Der Autor T.K.V. Desikachar beschreibt darin die Hindernisse und stellt Lösungsmöglichkeiten vor.

Bei Krankheit ist es selbstverständlich, dass man erst wieder gesund werden muss, um mit Yoga fortfahren zu können. Krankheit, im Sanskrit Vyadhi genannt, beeinträchtigt den Körper und den Geist dermaßen, dass die vorhandene Energie für den Heilungsprozess benötigt wird.

Mit Trägheit, Styana, ist die Qualität von Tamas gemeint. Tamas, als eines der drei Gunas, sorgt für Schwere und fehlende Motivation. Es gilt die Qualitäten der Gunas auszugleichen und einen sattvischen Geist zu fördern.

In Phasen des Zweifelns, Samshaya, ist Vertrauen von Bedeutung. Es geht nicht um das kritische Zweifeln, welches uns in unserem Prozess voranbringt, sondern um das Anzweifeln des Sinns und des eigenen Wegs.

Ein weiteres Hindernis ist die Hast, Pramada, wenn wir unüberlegt handeln und nachlässig werden. Man könnte es auch Ungeduld nennen, welche uns oftmals mehr Probleme beschert, als dass sie uns voranbringt. Entschleunigung für einen klaren Geist und Fokus sind Aspekte, die immer wieder geübt werden müssen.

Häufig jedoch fällt uns das nicht leicht oder man erlebt Rückschläge, welche zu einer Resignation, Alasya, führen können. Der Mensch neigt schnell dazu Dinge aufzugeben, sobald er einmal gescheitert ist oder es nicht immer nur gut läuft. Die Kunst ist es, sich selbst wieder zu motivieren und zu begeistern.

Der eigene Enthusiasmus lässt sich einfacher wieder entfachen, bei möglichst wenig Ablenkung, Avirati. Es gilt seine Sinne zu fokussieren und regelmäßig zu überprüfen, ob man sich noch auf dem richtigen Weg befindet.

Gefahr der Selbstüberschätzung

Yoga Sutra: 9 Hindernisse auf dem Yogaweg

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man an einem Punkt denkt, man sei angekommen, habe den Zenit erreicht, obwohl dies nicht der Fall ist. Diese Selbstüberschätzung, Bhrantidarshana, ist eine Form der Unwissenheit und kann durch Reflexion und einen klaren Geist erkannt werden.

Aber auch wenn wir bemerken, dass noch ein langer Weg vor uns liegt, sollten wir uns nicht von Alabdhabhumikatva, der Unfähigkeit einen neuen Schritt zu machen, behindern lassen.

Als letztes Hindernis nennt Patanjali Anavasthitatvani, Unbeständigkeit. In diesem Fall können wir das Erreichte nicht bewahren. Wenn man sich der Illusion bewusst wird, dass man selbst in Wirklichkeit doch nicht so groß und bedeutend ist, verlieren wir womöglich das Erreichte und fallen zurück. Desikachar sagt ganz deutlich, dass wir zu keinem Zeitpunkt denken sollten, wir seien Meister geworden. Erst wenn es kein Besser oder Schlechter mehr gibt, haben wir das höchste Stadium erreicht.

Die richtige Strategie für den Umgang mit Hindernissen finden

Mit Blick auf Desikachars Ausführungen scheint eine allumfassende Strategie zu sein, den Geist oder auch das Citta [das meinende Selbst] zu beruhigen und Klarheit zu erzeugen. Aber wie? In der Antwort auf diese Frage betont Desikachar, dass genau das jeder selbst entscheiden kann. Es ist nicht wichtig welchen Weg wir wählen, sondern dass wir einen Weg wählen. Yoga bietet eine große Auswahl an Möglichkeiten, wie man mit Hindernissen auf seinem Weg umgehen kann.

Desikachar nennt folgende Vorschläge: arbeite mit einem Lehrer und einer Yoga-Richtung, praktiziere Pranayama, erforsche die eigenen Sinne, beschäftige Dich mit dem purusha-Konzept, lies Schriften, erforsche irgendetwas, übe Meditation oder Ishvarapranidhana (die Hingabe an das Höchste). Die gewählte Methode sollte dem Kenntnisstand des Schülers entsprechen. Jede Methode hat ihre eigenen Qualitäten, es gibt kein Besser oder Schlechter. Der erste Schritt zur Überwindung der Hindernisse ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und zu üben sie wahrzunehmen. Die größte Herausforderung daran ist womöglich, sich einzugestehen, dass man gewissen Hindernissen auf seinem Weg ausgesetzt ist und man sich von dieser Tatsache nicht frei sprechen kann. Also lasst uns diese Hindernisse auf der Yogamatte sowie in unserem Alltag als einen Teil des Weges begrüßen und sie als Chancen nutzen!

Namasté,

Eure Daniela