Online Yogaunterricht als neuer Skill: Die Zukunft des Yogalehrerdaseins
Veröffentlicht von Tina von Jakubowski | 8. Februar 2021
Hand aufs Herz: Corona trifft die Yogawelt hart. Die kleine Sparte ohne politische Lobby kann es sich nicht leisten alle Yogis stetig zu testen, um im intimen Rahmen eines Yogastudios miteinander üben zu können. In der Welt der Corona Schutzverordnungen liegen Yogastudios irgendwo zwischen Fitnessstudios und der Entspannungswelt. Wie viele Branchen leiten auch wir uns die sichersten Handlungsaufforderungen aus diesen Regularien ab und hoffen, das Beste für die Gesellschaft zu entscheiden. Unterm Strich heißt das: Yogastudios bleiben komplett geschlossen und derzeit ist persönlicher Unterricht nicht sinnig. Online Yogaunterricht ist (zumindest bis dahin) das Mittel der Wahl.
Fortschreitende Digitalisierung der Yogawelt
Schon vor Corona zeigte sich die Yogawelt in schillernden Farben und schlangenmenschähnlichen Positionen auf den sozialen Medien. War die Sadhana, die spirituelle Praxis des Lehrers, vormals etwas Heiliges, steht sie nun öffentlich zur Schau. Und mit Corona hat die Digitalisierung von Yoga einen neuen Sprint eingelegt, der zu einem Marathon ausgewachsen ist. Der Großteil der Yogis läuft mit – im Livestream Format oder als Yoga-on-Demand. Die großen Yogastudios haben keine andere Wahl um überleben zu können und für viele freiberufliche Yogalehrer ist es attraktiv, einfach aus dem heimischen Büro ein Business aufzubauen. Große Yogabekleidungsfirmen joggen einfach mit dem Strom und streamen nun auch. Derweil erzielen etablierte Online-Yoga-Platformen neue Höchstleistungen.
Qualitäten guten Online Yogaunterrichts
Nun pumpen wir also immer mehr Inhalte in die Blase des Online Yogas. Wie lange das wohl noch so weitergeht? Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Yogabranche folgt in einem anderen Blogbeitrag von Nick – mit Daten, Fakten und sinnvolleren Prognosen als nur einem Gefühl.
Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass Online Yogaunterricht Teil der neuen Realität des Yogalehrerdaseins wird. Angehende und frisch gebackene Yogalehrer brauchen Livestream-Unterricht als Skill in ihrem Repertoire. Doch welche Qualitäten hat ein Livestream-Lehrer? Was macht guten Online Yogaunterricht aus? Und welche Vorteile hat er sogar im Vergleich zum Unterricht im Studio?
1. Die Sprache entscheidet alles
Wie erreichen wir unsere Schüler via Online-Yoga? Zum einen natürlich über das Bild, aber noch wichtiger ist der Ton. 60 – 90 Minuten lang hören uns die Schüler daheim zu. Nur wer fesselnd und eloquent spricht, schafft es, einen virtuellen Raum zu halten. Zu Hause ist die Verlockung zur Ablenkung noch größer als im Yogastudio. Immerhin merkt der Yogalehrer erst später, wenn man einfach aus der Klasse auscheckt …
Ansagen für den Yogaunterricht daheim müssen daher noch universell verständlicher und präziser sein, damit alle mitkommen. Der Stimmeinsatz über Mikrofon erfordert eine klare Artikulation durch den Sprechapparat und einen bewussten Einsatz von Stimme. Neben diesen beiden technischen Aspekten schwingt im Yoga auch immer ein Gefühl in der Stimme mit, das Menschen hilft, sich mit der Stimmung einer Klasse zu verbinden. Ist der Yogalehrer bei sich, geerdet und mit dem Thema verbunden, transportiert er dies auch virtuell.
Wer sich mit Sprache und Stimme schwer tut, kann ein Stimmtraining oder ein Coaching mit einem erfahrenen Yogalehrer in Betracht ziehen.
2. Weniger Blackboxes
Im Unterricht im Yogastudio erfühlen wir den Raum und sehen die Schüler. Online können wir die Schüler ebenfalls bitten, die Kameras anzulassen, wenn es für sie in Ordnung ist. Dadurch sehen wir, ob unsere Ansagen ankommen, ob das Tempo passt und wir sehen auch, welche Ablenkung der Schüler eventuell in seiner heimischen Umgebung hat. Auf all diese Punkte können wir dann eingehen. Liegt der Schüler beispielsweise in grellstem Licht am Abend in Shavasana? Kein Wunder, dass er nicht zur Ruhe kommt und eventuell sein Shavasana lieber auslässt. Eine Motivation an die Yogaschüler, Studio-ähnliche Bedingungen zu schaffen, kann helfen, eine tiefere Praxis zu gestalten.
Gute Momente um zu schauen, was die Schüler tun, sind Ruhepositionen oder auch sich wiederholende Sequenzen, die keine Demonstration erfordern.
Vor und nach dem Yoga bietet es sich ebenfalls an, den Austausch zu fördern. Das ist auch für uns Yogalehrer schön – immerhin sind wir es doch eigentlich gewöhnt, viel in persönlicher Kommunikation mit unseren Schülern zu sein. Wir bekommen ein gutes Gefühl für das Befinden der Schüler, für ihre Bedürfnisse und Fragen, wenn wir uns die Zeit dafür vor und nach dem Unterricht nehmen.
3. Planung ist das halbe Leben
Virtueller Unterricht ist weniger spontan als das persönliche Unterrichten im Studio. Da wir nicht alle Schüler genau sehen und das Gefühl für die ganze Gruppe sich anders anfühlt, bedarf es eventuell einer längeren oder genaueren Unterrichtsvorbereitung für Online Yoga. Das tolle am Online Yogaunterricht ist, dass wir vorher meist wissen, wer teilnimmt, da Voranmeldungen nötig sind. Kennen wir die Schüler noch von vor der Corona-Zeit oder setzen wir uns mit ihren Livestream-Besuchsvorlieben auseinander, können wir den Unterricht genau für diese Schüler gestalten. Auch in Gesprächen vor und nach dem Unterricht lohnt es sich ab und an zu fragen, was für die nächsten Wochen thematisch gewünscht ist.
Wichtig finde ich auch eine genaue Benennung des Kursinhalts und des Übungslevels, damit die Schüler wissen, wofür sie sich anmelden und was sie erwartet. Eventuell lassen sich Themen auch vorzeitig in sozialen Medien ankündigen. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass der Yogaschüler daheim weiß, was für eine Praxis ihm angeboten wird.
4. Das Zuhause neu definieren
Wer wünscht sich nicht schon lange einen Tapetenwechsel? Seit einem Jahr sind wir alle in unseren Wohnungen und Häusern – Lagerkoller vorprogrammiert. Doch wechseln wir einmal die Perspektive auf Wände, Sofas, Türrahmen und Küchentresen. Man kann eine Yogastunde an der Wand/ Tür oder mit dem Hilfsmittel Sofa gestalten. Ein L-Handstand im Türrahmen oder ein stehender herabschauender Hund am Küchentresen fühlen sich wunderbar an und wechseln die Perspektive auf das eigene Zuhause. Eventuell erinnert sich der Schüler beim nächsten Teekochen auch daran, dass er in der Wartezeit eine Yogaübung machen könnte … Wichtig nur: immer auch Alternativen für all jene bereithalten, die eben gerade keinen freien Wandplatz oder Ähnliches haben.
5. Unterrichten vs. Praktizieren
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass meine Eigenpraxis nicht mein Unterricht sein kann. Mein Geist ist hochkonzentriert, ich beobachte die Bildschirme, versuche mich in die Situation hineinzufühlen und diene eben dem Schüler. Selbst wenn wir in den Yoga Livestreams mehr mitmachen als normalerweise im Studio – ich unterrichte nie meine eigene Praxis. Als Energiequelle nehme ich stille Momente für mich allein auf der Matte. Dann bin ich 100% bei mir und schaffe eine Verbindung. Beim Unterrichten bin ich 100% im Modus des Unterrichtenden und zehre aus der Verbindung, die ich in der Eigenpraxis kultiviert habe. Meine Empfehlung ist, diese Differenzierung aufrecht zu erhalten, damit das Yogaüben nicht seinen Reiz für Lehrer verliert. Nach über 15 Jahren des Praktizierens verschiedener Stile und nach fast 9 Jahren als Yogalehrerin kann ich sagen: das war immer mein Schlüssel, meine Praxis lebendig zu halten.
Wer sich aufgrund der gesamten Situation gerade vor den Scherben seiner Eigenpraxis stehen sieht: bedien dich an dem unerschöpflichen Pool von Online Yoga Kursen. Schreib dichin London, Bali oder andernorts für eine Klasse ein und genieß die Inspiration durch Kollegen. Vielleicht ist ja auch ein ehemaliger Lieblingslehrer von dir plötzlich via Yoga Livestream verfügbar und du kannst trotz tausender Kilometer zwischen euch mit ihm üben.
Ich kann dir die Yogavideoserie Yoga zur Stärkung des Wohlbefindens auf unserer Online Yoga Platform ans Herz legen. Mit dem Code happyyogateacher bekommst du auf diese oder eine andere Yoga Videoserie 10% Rabatt.
Namasté,
Tina