Mitgliedschaften im Yogastudio
Veröffentlicht von Nick Runia | 24. Oktober 2019
Als wir Ende 2016 mit der Planung für unser Yoga Individual Studio begannen, haben wir unsere Überlegungen neben vielen kreativen Ideen und jeder Menge Leidenschaft natürlich auch mit einer Wettbewerbsanalyse angereichert. Mir ist dabei aufgefallen, dass nahezu jedes Yogastudio Tarife anbietet, die es ermöglichen so oft man möchte Kurse zu besuchen. Diese Tarife nennen sich wahlweise Mitgliedschaften im Yogastudio, Abo, Vertrag oder aber Flatrate (wer will sein Yogastudio auch nicht mit seinem Telefonanbieter in Verbindung bringen?).
Bezahlen wie im Fitnessstudio
Mich verwundert die Verbreitung von Abo-Modellen in Yogastudios. Ein solches Preismodell kenne ich vor allem aus Fitnessstudios. Das Kalkül lautet dort, dass viele Mitglieder schon nach kurzer Zeit die Lust oder Motivation verlieren im Studio zu trainieren, aufgrund ihrer Vertragslaufzeit (oder weil sie es vergessen haben), aber weiter ihre Beiträge bezahlen. Schätzungen und Umfragen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, aber wahrscheinlich trainieren gut die Hälfte aller Fitnessstudiomitglieder nie oder fast nie in ihrem Studio. Würden alle Mitglieder auch tatsächlich regelmäßig in ihren Fitnessstudios vorbeischauen, wären viele Übungsflächen zu klein. Wartezeiten an den Übungsgeräten wären keine Seltenheit.
Übertragbarkeit auf Yogastudios
Ein großer Teil der Yogastudios greift ebenso auf das Mitgliedschaftsmodell zurück. Während Fitnessstudios aber oftmals als hoch profitable Kette mit riesigen Räumlichkeiten im Gewerbegebiet agieren, werden Yogastudios vielfach von Einzelpersonen ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund in atmosphärischer Innenstadtlage geleitet.
Wurde also einfach ein bekanntes Konzept aus einem ähnlichen Bereich übernommen, oder sind Mitgliedschaften auch für Yogastudios geeignet? Anders gefragt: Gibt es ebenso viele Yogaschüler wie Fitnessstudiomitglieder, die ihre Verträge bezahlen ohne Kurse zu besuchen?
Wie sich Fitnessstudiomitglieder und Yogaschüler unterscheiden
Ich denke, dass dies nicht so ist. Yoga ist im besten Fall eine sehr bewusste Bewegungsform und hoffentlich fällt auch die Entscheidung eine Mitgliedschaft im Yogastudio abzuschließen für viele Schüler entsprechend bewusst.
Zudem haben alle Schüler durch den Besuch einer Klasse zwangsläufig Kontakt mit einem Yogalehrer. Macht dieser seinen Job gut, entsteht eine viel persönlichere und verbindlichere Ebene, als beim Cardio-Training im Fitnessstudio. So sind Yogaschüler deutlich motivierter regelmäßig zu praktizieren. Yoga wird entsprechend seiner Tradition zu einer täglichen Praxis.
Sollte man also zu dem Schluss gelangen, dass man im Yogastudio eher von 3/4 oder 4/5 aktiven Mitgliedern ausgehen darf, kann natürlich der Preis für Mitgliedschaften entsprechend höher angesetzt werden. Beliebig hoch kann ein Vertragspreis aber nicht sein. Denn auch in den Köpfen vieler Schüler besteht natürlich der Vergleich zu einem Fitnessstudio-Abo (und den meiner Meinung nach oft niedrigen Mitgliedschaftspreisen anderer Yogastudios).
Sind die Räumlichkeiten groß genug?
Spätestens wenn man als Studioinhaber zu dem Schluss gekommen ist, dass die Schüler das eigene Angebot so schätzen, dass sie einen Abo-Preis deutlich über Fitnesstudioniveau akzeptieren, sollte man schauen, ob die Räumlichkeiten überhaupt zu einem Mitgliedschaftsmodell passen. Ist der Kursraum groß genug, wenn sich von meinen 400 Mitgliedern 10 Prozent dazu entscheiden an einem verregneten Mittwochabend zum Yoga zu kommen? Kann ich Schüler trotz eines Vertrags für einzelne Stunden abweisen? Und möchte und kann ich als Yogalehrer so große Klassen unterrichten?
Für wen ein Abo-Modell passend sein kann
Es gibt Studios, die die oben genannten Problematiken lösen können und für die Mitgliedschaften im Yogastudio sinnvoll sind. Vor allem Studios mit großen Kursräumen in Großstädten scheinen mir dafür prädestiniert. Wenn ein Studio im Wesentlichen auf abgeschlossenen Verträgen basiert, bietet dies eine gute finanzielle Planbarkeit. Für die aktiven Schüler ist es attraktiv sich keine Gedanken, um Mehrfachkarten und Zahlungen machen zu müssen. Sie können voll ins Yoga eintauchen.
Das Mitgliedschaftsmodell ist aber sicher nicht für 90 Prozent aller Yogastudios geeignet. Vor allem kleine oder neu eröffnende Studios sollten überlegen, ob sie mit einem reinen Kartenmodell nicht besser fahren.
Ein Mitgliedschaftsmodell mit 10 oder 15 Plätzen im Kursraum erfolgreich zu implementieren ist kaum möglich. Gerade für die Startphase eines Studios kann außerdem der verbesserte Cashflow eines Kartenmodells in der Anfangszeit ein großer Vorteil sein.
Auch eine moralische Frage
Zu guter Letzt sei auch noch eine moralische Frage gestellt. Möchte ich als Studiobesitzer von Schülern, die Ihr Abonnement nicht mehr nutzen, in einem halben Jahr 400€ oder gar 600€ einfach so erhalten? Und auch aus Sicht der regelmäßigen Schüler lässt sich fragen, ob sie ihre recht geringen Kosten für eine Stunde wirklich über das Nichterscheinen anderer Menschen querfinanziert bekommen möchten. Ehrlicher ist die Bezahlung pro Stunde allemal.
Feedback und Beratung
Welche Erfahrungen habt Ihr als Schüler, Lehrer oder Studioinhaber mit verschiedenen Bezahlmodellen gemacht? Was präferiert Ihr?
Ich freue mich über Eure Meinung zu diesem komplexen Thema als Kommentar, oder auch per Mail.
Gerne unterstütze ich Euch im Rahmen des Yoga Business Coachings auch bei der Findung des passenden Bezahlmodells in Eurem Studio.