Männer im Yoga
Veröffentlicht von Nick Runia | 26. März 2019
Warum praktizieren so wenige Männer Yoga?
Während die Mehrheit der bekannten indischen Yogalehrer männlich ist, sind in Europa vorwiegend Yogalehrerinnen in den Studios anzutreffen. Auch die Kursteilnehmer sind nur selten Männer. Von unseren Besuchern im Yoga Individual Studio in Aachen sind etwa 18-20 Prozent männlich. Was mir wenig vorkommt, ist dennoch ein etwa doppelt so hoher Männeranteil wie vom BDY in einer gesamtdeutschen Studie 2018 ermittelt.
Auch in meiner Rolle als Mitgründer von Yoga Individual fällt mir auf, dass die deutsche Yogaszene sehr weiblich ist. Kaum ein Unternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten, bei dem wir mit einem Mann kommunizieren. Und auch Mails an mich beginnen oft mit „Liebe Nick“.
Die Ursachensuche für die ungleiche Geschlechterverteilung in deutschen Yogastudios wäre sicher interessant für Abschlussarbeiten. An dieser Stelle sind die Erklärungsmöglichkeiten aber einfach subjektiv gehalten:
1. Männer betreiben vor allem Wettkampfsportarten
Männer in meinem Umfeld – und ich unterstelle die meisten Männer – messen sich gerne im Sport. Auf dem Fußballplatz geht es darum, wer die meisten Tore schießt, auf dem Rad darum, wer den nächsten „Ortsschildsprint“ gewinnt und beim Marathon ohnehin nur um die Frage, ob eine Zeit wahlweise unter 3 Stunden, 4 Stunden oder eben x Stunden erreicht wird. Das Leistungs- und Sportlichkeitsniveau spielt für den Wettbewerbsgedanken eine untergeordnete Rolle, da meist Leistungsklassen existieren innerhalb derer man sich misst.
Je geringer das sportliche Niveau, desto wichtiger wird zudem das Bier nach dem Sport. Nicht umsonst gibt es in jedem Fußballvereinsheim in der Republik eine Bar, oder zumindest einen Kühlschrank.
Mit einem Bier wollen wir nach den Yoga Kursen zwar nicht dienen, aber auch beim Tee kann man wunderbar mit den anderen Kursteilnehmern zusammen sitzen. Und für die Männer, die tatsächlich ambitioniert eine Sportart betreiben, eignet sich Yoga mit Sicherheit perfekt zum körperlichen Ausgleich!
2. Esoterisches Räucherstäbchen-Yoga hält sich wacker als Vorurteil
Vorurteile sind stark, sie zu überwinden erfordert Zeit und idealerweise den Mut selbst einmal eine neue Erfahrung zu machen. Wenn ein Thema – im Falle vieler Männer beispielsweise Yoga – in der Lebenswirklichkeit nicht präsent ist, dann wird sich ein vereinfachtes Bild dieses Themas kaum verändern (lassen).
Mir begegnet dieses Vorurteil immer wieder, wenn ich in einer unbekannten Runde das erste Mal sage, dass meine Frau und ich ein Yogastudio betreiben. Das Bild von Räucherstäbchen schwingenden Yogalehrer ist in einigen (männlichen) Bevölkerungsteilen nach wie vor aktuell. Dass Yogastudios zunehmend diversifizierte Angebote machen, wird dabei nicht wahrgenommen. Dass Yoga eine Praxis sein kann, die psychisch und auch physisch wirkt, muss erst noch durchdringen.
Möchte man das Räucherstäbchen-Vorurteil auflösen, ist es wichtig die Einstiegsbarrieren für Yoga niedriger zu gestalten. Kurse im Park, an denen zwangsläufig viele Menschen vorbeilaufen, können dafür ebenso geeignet sein wie Instagram Fotos im Bikini (die auf anderer Ebene kritisiert werden können), oder Berichte, die eine breite Öffentlichkeit erreichen. Gerade für die männliche Zielgruppe können Yogalehrer wie Patrick Broome, der die deutsche Fußballnationalmannschaft betreut, viel bewegen. Berichte über ihn im Programm der Öffentlich Rechtlichen, oder ein Bild-Artikel erreichen enorm viele Menschen, die mit Yoga sonst nicht in Kontakt kommen.
3. Keine Role Models
Ja, natürlich gibt es auch Instagram Feeds, auf denen männliche Yoga Stars von Handstand zu Handstand turnen und gerade eben habe ich noch über Patrick Broome geschrieben. Dennoch sind Yogalehrer in deutschen Studios und auch auf Instagram klar in der Minderheit.
Auch männliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens erlebt man zumeist eher als begeisterte Tennisspieler (Revolverheld Kristoffer Hünecke), sie werden als Triathleten beschrieben (persönliche Portraits von Heiko Maas kommen ohne diesen Zusatz nicht aus) oder sie spielen mit 70 weiteren Parlamentariern im FC Bundestag Fußball.
Ein uns bekannter, angesehener Jurist hält seine Yogastunden dahingegen immer noch geheim – wer weiß, was die Geschäftspartner denken?
Grund genug um auf diesem Blog immer wieder einen anderen, vielleicht einen männlicheren, Blick auf Yoga zu werfen. Es geht dabei nicht darum Geschlechterklischees zu bedienen, sondern neue, eventuell unkonventionelle Perspektiven auf Yoga zu ermöglichen. Wir möchten in diesem Rahmen das Wachstum einer männlichen (und weiblichen!) Yogacommunity fördern und unseren Teil dazu beitragen die Einstiegsbarrieren in Yoga so niedrig wie möglich zu halten.
Und für alle Männer, die nun zumindest einmal ein wenig Yoga ausprobieren möchten, habe ich noch zwei Tipps. Schaut doch einmal auf unserem YouTube Kanal vorbei, oder meldet Euch zur Probestunde im Yoga Individual Studio an!